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Materialien und Herstellung von Kleidung

Die Herstellung von Textilien war – vor allem auf dem Land – wesentlicher Bestandteil der Arbeit der Menschen des Mittelalters. Die Produktion der Materialien und auch die Fertigung der Kleidungsstücke war im Wesentlichen Frauensache. Doch auch die Männer trugen ihren Teil dazu bei. So gab es bestimmte kräftezehrende Aufbereitungsprozesse von Rohstoffen, die zwar auch von Frauen erledigt wurden, bei denen die Männer jedoch halfen wie beispielsweise beim Flachsbrechen. Da der Hauptanteil der zu erledigenden Arbeiten bei den Frauen lag, befanden sich die Produktionsstätten innerhalb des häuslichen Umfelds.

Vorherrschende Materialien: Wolle und Leinen

Unabhängig von der gesellschaftlichen Stellung des Trägers waren Wolle und Leinen die vorherrschenden Materialien der Textilien. Die Unterbekleidung war zumeist aus Leinen, die Oberbekleidung aus Wolle gefertigt. Zusätzlich verfügten Klerus und Adel allerdings auch über kostbare Stoffe aus anderen Materialien, die beispielsweise aus dem Orient importiert wurden.

Wolle

Wolle wurde aus Tierhaaren hergestellt. In der Regel waren Schafe die Lieferanten, für minderwertige Wolle oder Filz wurden aber auch Rinder- und Ziegenhaar, das Fell von Kaninchen und selbst Menschenhaare genutzt. Bereits im Frühmittelalter gab es eine ausgedehnte Wollerzeugung und -verarbeitung. Insbesondere war dies der Fall bei Grundherren, die über größere Schafsbestände verfügten. Ein- bis zweimal pro Jahr erfolgte die Schur der Tiere durch die Schäfer selbst, durch professionelle Scherer oder durch Frauen.

Verarbeitung von Wolle

Vor dem Spinnen sortierte man die Wolle. Sie wurde grob gesäubert, in Lauge gewaschen, anschließend gespült und nach dem Trocknen mittels des sogenannten Wollbogens geklopft. Danach wurde die Wolle durch Zupfen und Kratzen mit Kämmen und Karden aufgelockert. Nun wurde die Wolle versponnen oder verwebt. Nach dem Spinnen oder Weben folgten die weiteren Arbeitsschritte Verdichtung des Stoffes durch Walken, Waschen und Dehnen der Tücher, Bearbeitung der Oberfläche mit Bürsten und das Glattscheren. Abschließend wurden die Tücher gebleicht oder gefärbt.

Leinen

Die Fasern wurden aus Flachs – auch Lein genannt – gewonnen. Bereits in der Antike war die Pflanze bekannt. Im Mittelalter breitete sich die Herstellung von Leinen von Kleinasien ausgehend über den Vorderen Orient und schließlich auch in ganz Europa aus. Da Flachs für das optimale Wachstum viel Wasser benötigt, wurden für den Anbau vorwiegend feuchte Gebiete genutzt.

Gewinnung von Leinen

Leinen wurde durch einen langwierigen Arbeitsprozess aus den harten Fasern des Flachs gewonnen. Nach der Ernte wurden die Stängel durch Riffeln von den Samenkapseln getrennt. Die Bastfasern wurden durch Brechen und Schwingen von den holzigen Stängeln gelöst, durch Hecheln geschlitzt und mehrfach gewässert. Weniger als zehn Prozent der Erntemenge blieben als spinnbare Fasern zurück. Nach dem Spinnen und Weben bleichte man die Tücher in einer Aschenlauge sowie im Freien durch Sonneneinstrahlung.

Hanf

Hanfanbau ist seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. in Europa bekannt. Verbreitet war er vor allem in Gebieten mit feuchtwarmen Böden. Hanf wurde auf kleinen Flächen – häufig gemischt mit Flachs – angebaut. Die Verarbeitung von Hanf war weniger arbeitsintensiv als die des Flachses. Hanffasern wurden wegen ihrer hohen Reißfestigkeit geschätzt. Als Materialien für Kleidung sind die relativ groben Hanfgewebe kaum dokumentiert, verarbeitet wurde Hanf vor allem zu Säcken für den Transport, zu Tauen und zu Segeltuch.

Baumwolle

Die Samenhaare aus den Fruchtkapseln des Baumwollstrauches wurden im Orient schon in der Antike zu Baumwolle verarbeitet. Reine Baumwollgewebe und Mischgewebe in zum Teil sehr hochwertiger Qualität wurden dort hergestellt, die nur als seltene Kostbarkeiten nach Europa kamen. Das Wissen über den Anbau und die Verarbeitung von Baumwolle brachten die Araber im 8. Jahrhundert mit nach Spanien. Durch die Kreuzzüge gelangte rohe und gesponnene Baumwolle im 12. Jahrhundert vermehrt nach Europa. Sie wurde ausschließlich zu Mischgeweben verarbeitet. Erste Ansätze der Herstellung reiner Baumwolle gab es erst im 15. Jahrhundert.

Barchent – Mischgewebe aus Baumwolle und Leinen

Hauptsächlich wurde Baumwolle in der Barchentweberei zu Mischgeweben aus Leinen und Baumwolle verarbeitet, bei denen der Schuss aus Baumwolle war und die Kette aus Leinen bestand. Seit dem 14. Jahrhundert wurde dieses Material neben den einheimischen Leinen- und Wollstoffen vermehrt hergestellt und setzte sich schließlich als beliebter Stoff durch. Daneben existierten weitere Mischgewebe auf Baumwollbasis. So wurde diese Faser etwa auch mit Wolle oder Seide gemischt.

Seide

Die Seidenherstellung war lange Zeit das Monopol der asiatischen Länder – vor allem Chinas – und streng gehütetes Geheimnis. Diese zweite tierische Faser neben der Wolle wurde in mühseliger Handarbeit aus den Kokons der Seidenraupen gewonnen. Nach Lüftung dieses Geheimnisses wurde die Seidenproduktion an den Küsten des Mittelmeeres aufgenommen. Zwischen Ende des 9. und Mitte des 12. Jahrhunderts entwickelte sich Sizilien zu einem bedeutenden Zentrum der Seidenherstellung. Zuvor waren Seidenstoffe als Importwaren entsprechend selten und auch von daher sehr wertvoll. Zur Zeit der Kreuzzüge gelangten viele Seidenstoffe als Beutegut nach Europa, was zu einem deutlichen Anstieg der Opulenz der Kleidung der reichen Oberschicht führte.

Weiterverarbeitung durch Spinnen und Weben

In der Weiterverarbeitung der gängigen Ausgangsmaterialien Leinen und Wolle gab es insofern keine nennenswerten Unterschiede, als die Fasern beider Rohstoffe zu Garnen verarbeitet wurden. Die Herstellung von Stoffen erfolgte nun über das Spinnen und Weben.

Handspinnen

Vor der Entwicklung von Spinnrädern wurde das Garn mittels des Handspinnens aus den Rohstoffen gewonnen. Es gab mehrere Methoden des Handspinnens. Eine davon war, die Fasern aus einem Depot, dem sogenannten Rocken, zu ziehen, zu ordnen und vorzudrehen. Über eine frei hängende Spindel, die mit einer kleinen Schwungscheibe – dem Wirtel – beschwert war, wurden die Fasern dann von Hand verdrillt.

Spinnen mit Spinnrad

Ab dem Ende des 12. Jahrhunderts war das Spinnrad in Europa verbreitet. Beim Spinnrad befand sich das Fasermaterial auf einem senkrechten Stab – dem Spinnrocken. Es wurde mittels einer von einem Treibrad angetriebenen, horizontal gelagerten Spindel gedreht, verdrillt und dann aufgewunden. Der Einsatz des Spinnrads führte einerseits zu einer deutlichen Produktivitätssteigerung, erforderte andererseits jedoch auch den Wechsel zur stationären Arbeit.

Weben

Zu einem Gewebe gehören zwei sich rechtwinklig kreuzende Fadensysteme, deren Art und Weise der Überkreuzung Bindung genannt wird. Jedes Bindungsmuster hat nach einer bestimmten Anzahl von Kett- und Schussfäden eine Stelle, von der an es sich wiederholt, diese Wiederholungseinheit nennt sich Rapport. Die unterschiedlichen Möglichkeiten der Bindung haben zu verschiedenen Webtechniken geführt. Die verschiedenen Webarten waren die Leinwandbindung, die Körperbindung und die Atlas-
oder Satinbindung.

Webstühle – Gewichtswebstuhl und Rahmenwebstuhl

Gewebt wurde auf dem vertikalen Gewichtswebstuhl, der aus einer senkrechten Holzkonstruktion bestand, an deren oberem Ende die durch Gewichte gestrafften Kettfäden befestigt waren. Unterschiedliche Gruppen der Kettfäden wurden gleichzeitig angehoben oder abgesenkt. Durch Schrägstellung des Webstuhls wurde eine Fachbildung ermöglicht. In dieses Fach wurde horizontal ein Querfaden – der Schussfaden – eingezogen und mit dem Webschwert oder den Händen verkreuzt. Durch das Verkreuzen der Fäden entstand eine textile Fläche, die bei den Webstühlen, an denen nur eine Person arbeiten konnte, recht schmal war. Daneben gab es den Rahmenwebstuhl mit beidseitig am Gestänge befestigten Kettfäden, auf dem von unten nach oben gewebt wurde.

Muster

Muster in den Textilien wurden durch unterschiedlich getönte Wolle oder durch das Einarbeiten zuvor gefärbter Fäden erzeugt. Bei besonders wertvollen Stücken wie Seidengewändern wurde ein Muster häufig durch das Einweben von Silber- oder Goldfäden erreicht. Die relative Dicke der Woll- und Leinengarne ließ eine hohe Mustervielfalt bei den Stoffen aus diesen Materialien nicht zu. Bei den Geweben aus den sehr viel feineren Seidenfäden war eine vielfältigere Musterbildung möglich.

Farbsymbolik

Die Kleiderfarbe spielte im Mittelalter eine bedeutende Rolle. Farben unterlagen einer gewissen Symbolik. So galt die Farbe rot als die traditionelle Farbe des Kriegers. Sie stand für Blut, Mut und Kampf. Farben kennzeichneten auch ganze Berufsgruppen. Schwarz trug etwa der niedere Klerus. Außenseitern wurde gelb als Kleiderfarbe zugewiesen, da ein fahles Gelb die Schandfarbe war. Das Prestige einer Farbe stand fast immer in einer Abhängigkeit zu ihrem Wert, der sich über den Preis verdeutlichte.

Gewinnung von Farben

Die in der mittelalterlichen Textilfertigung üblichen einheimischen Farben waren zumeist pflanzlichen Ursprungs. Mineralische oder animalische Farben wurden eher selten eingesetzt. Besonders wertvoll waren die importierten Farbstoffe. Je nach Herstellungsart und Preis der Farben wurden sie in edle und unedle Farben differenziert, was unmittelbar auch damit zusammenhing, ob sie importiert werden mussten. So stand etwa das aus der Purpurschnecke gewonnene Purpurrot als teurer Import nur dem Herrscher, dem Hochadel und dem hohen Klerus zu. Gleiches gilt für Scharlachrot, das aus der Kermes-Schildläusen hergestellt wurde und für Indigoblau aus der orientalischen Indigopflanze. Das aus dem Färberwaid gewonnene Blau und das Rot aus der Krapppflanze durfte hingegen auch das Festgewand eines Bauern schmücken. Goldgelb wurde durch das Färben mit teurem Safran erzielt, sodass diese Farbe wiederum eine der Oberschicht war. Die Farbe schwarz wurde durch Beizen des Materials in Eichenlohe hergestellt.

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